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Anlagen

Gameplan Fed Zinssenkungszyklus

Artikel
6 November 2024
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Jerome Powell gab am vergangenen Mittwoch die erste Zinssenkung der Fed seit Beginn der Pandemie bekannt, und zwar um kräftige 0.5%. Normalerweise herrscht während der sogenannten Blackout-Periode vor einem Fed-Beschluss eine 90%ige Gewissheit über das Ergebnis. Diesmal jedoch war die Situation weniger eindeutig: Kurz vor der Entscheidung lag die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung um 0.5% bei etwa 55%, während eine Reduktion um 0.25% mit 45% gehandelt wurde. Diese Ungewissheit sorgte bis zur Bekanntgabe für erhöhte Spannung.

Die Finanzmärkte, die in den letzten Monaten stark auf Wirtschaftsdaten und die Kommunikation der Fed reagiert haben, begrüssen den Zinsentscheid mit einem neuen Allzeithoch des S&P 500 und zeigen Optimismus für ein erfolgreiches «Soft-Landing». Ob es der Fed gelingen wird, ein solches Szenario zu erreichen, oder ob die geldpolitischen Massnahmen doch eine Rezession bzw. ein «Hard Landing» auslösen, bleibt in den kommenden Wochen und Monaten ein zentrales Thema. Für Investoren stellt sich nun die entscheidende Frage, wie sie ihre Portfolios im Hinblick auf den bevorstehenden Zinssenkungszyklus ausrichten sollten und welche Anlageklassen je nach Szenario profitieren könnten.

In der folgenden Kurzanalyse setzen wir den bisherigen Zinsanstiegszyklus in einen historischen Kontext und vergleichen die Performance der Aktienmärkte in ähnlichen Phasen. Anschliessend unterscheiden wir zwischen einem Soft- und einem Hard-Landing-Szenario und analysieren die historische Performance verschiedener Anlageklassen und Strategien während vergangener Zinssenkungszyklen.

Aggressivster Zinsanstiegszyklus seit Jahrzenten

Die Fed erhöhte zwischen März 2022 und Juli 2023 den Leitzins in 11 Schritten um insgesamt 5.25 Prozentpunkte. Dies stellt den stärksten Anstieg seit 1980 dar. Zu Beginn gab es Bedenken, dass die Kombination aus hoher Inflation und stark steigenden Zinsen der Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen könnte, was zu einer Korrektur an den Aktienmärkten führte. Diese Sorgen verschwanden jedoch rasch, und die Märkte erreichten neue Allzeithochs, mit einer bemerkenswerten Performance im Jahr 2023 und weiteren Rekorden im laufenden Jahr 2024.

Historische Daten zeigen, dass die Beziehung zwischen Zinserhöhungen der Fed und der Aktienmarktentwicklung nicht eindeutig ist. Obwohl restriktive Geldpolitik normalerweise als negativ für Aktienmärkte gilt, erscheinen die Ergebnisse in den Jahren 2023 und 2024 paradox. Dies liegt daran, dass grosse Marktkorrekturen typischerweise erst gegen Ende des Zinszyklus oder während der Zinssenkungen auftreten. In den anschliessenden Zinssenkungszyklen sind die Aktienmärkte häufig anfällig für starke Schwankungen und Preiskorrekturen, da das Risiko einer Rezession in dieser Phase am höchsten ist.

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Soft-Landing vs. Hard-Landing

In der Geldpolitik wird zwischen zwei möglichen wirtschaftlichen Reaktionen auf Zinserhöhungen unterschieden: Soft-Landing und Hard-Landing. Ein Soft-Landing lässt sich beispielsweise zwischen 2015 und 2018 beobachten, als die Fed unter Janet Yellen und Jerome Powell die Zinsen schrittweise anhob. Nach Jahren der Niedrigzinsen versuchte die Fed, die Wirtschaft sanft abzukühlen und die Inflation zu kontrollieren. Trotz der Anhebungen blieb die US-Wirtschaft stabil und eine Rezession wurde vermieden – ein gelungenes Beispiel für ein Soft-Landing.

Im Gegensatz dazu steht das Hard-Landing in den Jahren 2000-2001. Während des Dotcom-Booms erhöhte die Fed die Zinsen stark, um eine Überhitzung zu verhindern. Diese restriktive Politik trug zum Platzen der Dotcom-Blase bei und führte zur anschliessenden Rezession. Dies verdeutlicht, wie übermässig straffe Massnahmen zu einem abrupten Abschwung führen können.

Auch wenn eine Rezession im Gegensatz zu einer Finanzkrise oft erst im Nachhinein erkannt wird, zeigen sich in verschiedenen Konjunkturphasen deutliche Unterschiede in der Performance von Anlageklassen und Strategien. Eine Finanzkrise ist die Kulmination von Problemen im Finanzsystem, was zu tieferen und schnelleren Verwerfungen führt, während Rezessionen moderatere und schrittweise Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.

Wann performen welche Anlageklassen? Ein historischer Überblick

Ein historischer Vergleich zeigt, dass risikoreiche Anlagen während eines Hard-Landings die grössten Verluste erleiden. Aktienmärkte geraten stark unter Druck, und auch Anleihen von riskanten Schuldnern korrigieren nach unten. Da US-Rezessionen oft globale Auswirkungen haben, spiegeln internationale und Schweizer Aktienmärkte diese Schwäche wider.

Rohstoffe performen in Zeiten schwacher Wirtschaftsaktivität und sinkender Inflation ebenfalls schlecht, da ein Überangebot auf einen abrupten Nachfragerückgang trifft. Immobilienmärkte reagieren zwar empfindlich auf Rezessionen, zeigen jedoch regionale Unterschiede, da sie häufig als lokale Märkte betrachtet werden; so blieben die Schweizer Immobilienpreise während US-Rezessionen stabil.

In Krisenzeiten boten Staatsanleihen, der US-Dollar, der Schweizer Franken und Gold bewährte Sicherheit und gelten als klassische sichere Häfen für Investoren.

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Schafft die Fed ein Soft-Landing, ändert sich das Bild erheblich. In solchen Szenarien verzeichnen Aktien starke Gewinne, insbesondere risikoreichere Strategien wie Wachstumsaktien und internationale Märkte. Immobilien profitieren von einer robusten Wirtschaftsnachfrage, und auch Rohstoffpreise steigen, da die Konjunktur stabil bleibt.

Im Gegensatz dazu schneiden Anlagen, die als sichere Häfen gelten, schlechter ab. Staatsanleihen erzielen dennoch positive Renditen, da die Zinsen zwar sinken, aber weniger stark als bei einem Hard Landing, was zu Kapitalgewinnen führt.

Strategische Positionierung für die kommenden zwölf Monate

Sollte die Fed ein Soft-Landing erreichen, könnten 2024 und 2025 erfolgreiche Börsenjahre werden. In diesem Szenario wäre ein klassisches Portfolio mit 60% Aktien und 40% Anleihen vorteilhaft, und auch Wachstums- sowie Techaktien würden attraktive Anlageoptionen darstellen.

Erwartet man hingegen eine Rezession oder möchte sich stärker gegen potenzielle Risiken absichern, empfiehlt sich eine höhere Gewichtung in sichere Anleihen, Geldmarktinstrumente und Gold. Zudem sollte man defensivere und grössere Unternehmen stärker gewichten, bis sich die Lage stabilisiert.

Welches Szenario wird letztlich eintreten?

Eine endgültige Einschätzung bleibt spekulativ. Derzeit deutet die Euphorie an den Märkten sowie die Analysen diverser Experten auf eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein Soft-Landing hin. Allerdings verweisen Kritiker auf steigende Arbeitslosigkeit und Schwächezeichen bei den Konsumenten. Besonders besorgniserregend ist die invertierte Zinskurve, die als einer der grössten Indikatoren für Rezessionen gilt und eine bevorstehende Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation befürchten lässt.

Eine prominente Stimme in diesem Diskurs ist Jamie Dimon, CEO von JP Morgan, der für seine kritischen Ansichten bekannt ist. Er hat den 0.5%-Zinsschritt vorausgesehen und warnt vor einer wirtschaftlichen Entwicklung, die schlimmer als eine Rezession sein könnte: Stagflation.

Es ist entscheidend, die wirtschaftliche Entwicklung genau zu beobachten und aktuelle relevante Daten zu analysieren, um Veränderungen der Wirtschaftsdynamik frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln. Dabei sollte man nicht vergessen, dass der Ansatz «Time in the Market» den Ansatz «Timing the Market» überwiegt. Potenzielle Preiskorrekturen sind kein Grund, das Portfolio zu liquidieren; sie bieten vielmehr einzigartige Einstiegsmöglichkeiten. Wer hingegen auf eine möglicherweise nie eintretende Rezession wartet, verpasst attraktive Renditen. Langfristige Positionierung und Strategie sind entscheidend für den nachhaltigen Vermögensaufbau.

Author:
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Marija Pandurevic

Marketing Managerin
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