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Nachlassplanung und Vorsorgeauftrag

Wussten Sie, dass über 60% der Schweizer Bevölkerung keine rechtlich bindende Vorsorge getroffen haben?

Diese erschreckende Statistik zeigt, wie viele Menschen ihre Zukunft und die ihrer Angehörigen dem Zufall überlassen. Wir sehen in unserer täglichen Arbeit, dass ein Vorsorgeauftrag in der Schweiz nicht nur für ältere Menschen wichtig ist - jeder von uns kann durch Unfall oder Krankheit plötzlich handlungsunfähig werden.

Die Konsequenzen einer fehlenden Vorsorge können weitreichend sein: Von der Patientenverfügung über das Testament bis hin zur möglichen Beistandschaft durch die KESB - ohne klare Regelungen treffen andere die Entscheidungen für uns. Besonders bei komplexeren Familiensituationen oder internationalen Beziehungen ist eine durchdachte Planung unerlässlich.

Wir zeigen Ihnen Schritt für Schritt auf, wie Sie Ihre persönliche Vorsorge optimal gestalten können. Von der Erstellung eines rechtssicheren Testaments bis hin zum detaillierten Vorsorgeauftrag - wir begleiten Sie durch alle wichtigen Aspekte der Nachlassplanung.

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Grundlagen der Nachlassplanung

Die wichtigsten Vorsorgeinstrumente im Überblick

In der Schweiz bilden verschiedene Vorsorgedokumente das Fundament einer umfassenden Nachlassplanung. Wir zeigen Ihnen die wichtigsten Instrumente und ihre Bedeutung.

Bedeutung der frühzeitigen Planung
Besondere Familiensituationen meistern
Digitaler Nachlass und neue Herausforderungen
Testament und Erbvertrag
Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung
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Eine frühzeitige und durchdachte Nachlassplanung ist heute wichtiger denn je. Eine repräsentative Umfrage unter Schweizer Stimmberechtigten zeigt, dass fast die Hälfte der Bevölkerung fälschlicherweise davon ausgeht, dass faktische Lebenspartner bereits nach geltendem Recht gesetzliche Erbansprüche haben. Diese Fehleinschätzung kann schwerwiegende Folgen haben.

Folgende Schritte sind für eine erfolgreiche Nachlassplanung entscheidend:

  • Bestandsaufnahme des Vermögens (digital und physisch)
  • Klärung der familiären und persönlichen Situation
  • Festlegung der gewünschten Vermögensverteilung
  • Erstellung der notwendigen Dokumente (Testament, Vorsorgeauftrag)
  • Regelmässige Überprüfung und Aktualisierung

Mit der Revision des Erbrechts haben wir nun mehr Flexibilität bei der Gestaltung unseres Nachlasses. Der Pflichtteil für Nachkommen wurde reduziert, und der Pflichtteil der Eltern wurde komplett abgeschafft. Diese Änderungen ermöglichen es uns, besser auf moderne Familienkonstellationen und persönliche Wünsche einzugehen.

Die Übertragung von Vermögen zu unseren Lebzeiten gewinnt in der modernen Vorsorgeplanung zunehmend an Bedeutung. Im Jahr 2022 wurden in der Schweiz schätzungsweise 88 Milliarden Franken vererbt oder verschenkt.

Wir sehen in unserer Beratungspraxis, dass Schenkungen zu Lebzeiten mehrere wichtige Vorteile bieten:

  • Unterstützung der nächsten Generation zum richtigen Zeitpunkt
  • Mögliche Steuervorteile durch geschickte Planung
  • Vermeidung späterer Erbschaftskonflikte
  • Kontrolle über die Vermögensverteilung
  • Reduzierung der späteren Erbschaftssteuer

Allerdings müssen wir auch die Risiken im Auge behalten. Eine Schenkung ist unwiderruflich, und wir sollten unsere eigene finanzielle Absicherung nicht gefährden. Besonders wichtig: Sollten wir später auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein, werden getätigte Schenkungen bei der Berechnung trotzdem berücksichtigt.

Die steuerlichen Folgen von Schenkungen sind kantonal sehr unterschiedlich. In den meisten Kantonen sind Schenkungen an Ehegatten und direkte Nachkommen steuerfrei 19. Für andere Empfänger gelten je nach Verwandtschaftsgrad und Höhe der Schenkung unterschiedliche Steuersätze.

Wichtige steuerliche Überlegungen:

  • Wohnsitzkanton des Schenkers ist massgebend
  • Bei Immobilien gilt der Standortkanton
  • Freibeträge optimal nutzen
  • Staffelung von Schenkungen prüfen
  • Dokumentation für Steuererklärung sicherstellen

Eine besonders interessante Option ist die Übertragung mit Nutzniessung oder Wohnrecht. Der Nutzniessung erlaubt uns, trotz Übertragung des Eigentums weiterhin die vollständige Nutzung zu behalten.

Der Nutzniessung umfasst dabei:

  • Recht zur persönlichen Nutzung
  • Möglichkeit zur Vermietung
  • Anspruch auf Erträge
  • Verpflichtung zum Unterhalt

Das Wohnrecht ist im Vergleich zum Nutzniessung eingeschränkter und erlaubt nur die persönliche Nutzung der Immobilie. Wir empfehlen, die Vor- und Nachteile beider Optionen sorgfältig abzuwägen.

Bei der Übertragung mit Nutzniessung reduziert sich der steuerbare Wert der Schenkung um den kapitalisierten Wert der Nutzniessung. Dies kann besonders bei der Übertragung von Immobilien steuerlich vorteilhaft sein.

Besonders wichtig ist die rechtliche Absicherung: Nutzniessung und Wohnrecht müssen im Grundbuch eingetragen werden. Wir raten dringend zu einer notariellen Beurkundung, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Wann zum Notar oder Anwalt?

Bei der Wahl zwischen Notar und Anwalt müssen wir die unterschiedlichen Kompetenzen berücksichtigen. Notare sind für die öffentliche Beurkundung zuständig und beraten die Parteien unparteilich. Wir empfehlen professionelle Unterstützung besonders in folgenden Situationen:

  • Komplexe Vermögensverhältnisse mit Immobilien
  • Internationale Familienbeziehungen
  • Unternehmensnachfolge
  • Patchwork-Familien
  • Streitige Erbsituationen

Rolle des Willensvollstreckers

Der Willensvollstrecker spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung unseres letzten Willens. Seine Hauptaufgaben umfassen:

  • Verwaltung des Nachlasses
  • Begleichung von Erbschaftsschulden
  • Ausrichtung von Vermächtnissen
  • Vorbereitung der Erbteilung

Besonders wichtig: Der Willensvollstrecker muss die Erben laufend und unaufgefordert über die Nachlassabwicklung informieren. Bei länger dauernder Abwicklung ist mindestens jährlich Rechenschaft abzulegen.

Eine regelmässige Überprüfung der Vorsorgedokumente ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Nachlassplanung. Nach der Revision des Erbrechts im Jahr 2023 haben sich die Pflichtteile für Nachkommen von drei Viertel auf die Hälfte reduziert, was eine Anpassung bestehender Dokumente besonders wichtig macht.

Wichtige Lebensereignisse als Anlass

Bestimmte Lebensereignisse sollten uns immer dazu veranlassen, die Vorsorgedokumente zu überprüfen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass nur 30% der Schweizer über 45 Jahren ihr Testament regelmässig aktualisieren. Folgende Ereignisse erfordern besondere Aufmerksamkeit:

Heirat oder Scheidung

Geburt von Kindern oder Enkelkindern

Erwerb oder Verkauf von Immobilien

Erreichen des Rentenalters

Diagnose einer schweren Krankheit

Umzug in einen anderen Kanton

Wesentliche Vermögensänderungen

Besonders wichtig: Seit dem 1. Januar 2023 ist der Pflichtteil der Eltern komplett weggefallen. Dies eröffnet uns neue Möglichkeiten bei der Begünstigung von Lebenspartnern oder anderen nahestehenden Personen.

Wir empfehlen eine systematische jährliche Überprüfung anhand folgender Punkte

Checkliste für die jährliche Durchsicht

1 - Rechtliche Rahmenbedingungen
Haben sich relevante Gesetze geändert? - Sind die Pflichtteile korrekt berücksichtigt?
2 - Aktualität der Begünstigungen
Sind alle gewünschten Personen berücksichtigt? - Stimmen die Verteilungsverhältnisse noch?
3- Digitaler Nachlass
Sind alle Online-Konten dokumentiert? - Sind Zugangsdaten sicher hinterlegt?
4 - Vermögenssituation
Entsprechen die Vermögenswerte noch den Angaben? - Wurden neue Vermögenswerte erworben?
5 - Vollmachten und Vertretungen
Sind die eingesetzten Personen noch verfügbar? - Stimmen Kontaktdaten und Zuständigkeiten?

Dokumentation und Kommunikation

Die sorgfältige Dokumentation unserer Vorsorgeplanung ist entscheidend. Eine Studie zeigt, dass fast die Hälfte aller Erbstreitigkeiten auf unklare oder fehlende Dokumentation zurückzuführen ist.

Zentrale Dokumentationsaspekte

  • Aufbewahrung aller Originaldokumente an einem sicheren Ort
  • Regelmässige Aktualisierung der Vermögensaufstellung
  • Dokumentation von Schenkungen und Erbvorbezügen
  • Führen einer Liste mit wichtigen Kontakten

Besonders wichtig ist die offene Kommunikation mit unseren Angehörigen. Wir sollten sie über den Aufbewahrungsort wichtiger Dokumente informieren und grundlegende Entscheidungen transparent machen. Dies verhindert später Missverständnisse und potenzielle Konflikte.

Praktische Tipps für die Dokumentation

  • Erstellen Sie ein Verzeichnis aller wichtigen Dokumente
  • Notieren Sie das Datum jeder Überprüfung
  • Dokumentieren Sie Änderungsgründe
  • Halten Sie eine Liste mit Zugangsdaten aktuell

Mit dem neuen Erbrecht haben wir seit 2023 mehr Gestaltungsspielraum bei der Nachlassplanung. Die verfügbare Quote ist grösser geworden, was uns mehr Flexibilität bei der Begünstigung von nicht pflichtteilsgeschützten Personen gibt. Diese Änderungen sollten wir bei der regelmässigen Überprüfung unserer Dokumente besonders berücksichtigen.

Schlussfolgerung

Die sorgfältige Planung unseres Nachlasses gehört zu den wichtigsten Aufgaben unseres Lebens. Das neue Erbrecht bietet uns mehr Gestaltungsspielraum, verlangt aber auch eine durchdachte und regelmässig aktualisierte Vorsorgeplanung. Besonders der digitale Nachlass und moderne Familienkonstellationen stellen uns vor neue Herausforderungen.

Eine rechtssichere Nachlassplanung besteht aus mehreren Elementen: Testament oder Erbvertrag als Basis, ergänzt durch Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung. Professionelle Unterstützung durch Notare oder Anwälte kann dabei helfen, kostspielige Fehler zu vermeiden und alle rechtlichen Aspekte korrekt zu berücksichtigen.

Die regelmässige Überprüfung und Anpassung unserer Vorsorgedokumente sichert deren Aktualität und Wirksamkeit. Durch eine offene Kommunikation mit unseren Angehörigen und eine sorgfältige Dokumentation aller Entscheidungen schaffen wir Klarheit und vermeiden spätere Konflikte. Unsere Vorsorge sollte dabei flexibel genug sein, um auf Veränderungen in unserem Leben und neue gesetzliche Bestimmungen reagieren zu können.