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Research Flash: Künstliche Intelligenz im Profifussball

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14 Jan 2025
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Research Flash: Künstliche Intelligenz im Profifussball – Wer schneller denkt, gewinnt

Der Fussball erlebt einen tiefgreifenden Wandel durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Traditionell von Intuition und Erfahrung geprägt, setzen Spitzenklubs zunehmend auf datengetriebene Analysen, um taktische Muster zu entschlüsseln und Talente zu entdecken. Diese Technologie ermöglicht es auch kleineren Vereinen, effizienter zu scouten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Schweiz steht vor der Herausforderung, KI in ihre Strategien zu integrieren, um international mitzuhalten.

KI verändert den Fussball: Von Daten zu Entscheidungen

Der Fussball, lange von Intuition und Erfahrung geprägt, wird zunehmend von Algorithmen entschlüsselt. Sekundenbruchteile entscheiden über Sieg oder Niederlage – und nun könnte künstliche Intelligenz genau diese Momente mitgestalten. Spitzenklubs wie der FC Liverpool, der FC Sevilla und der FC Chelsea haben das Potenzial erkannt und setzen KI gezielt ein, um Gegner zu durchleuchten, taktische Muster zu analysieren und ihre Spieler gezielt weiterzuentwickeln. In Zusammenarbeit mit Tech-Giganten wie IBM und Google DeepMind wird die Datenanalyse revolutioniert: Milliarden von Spielsequenzen werden in Sekunden verarbeitet, Schwächen aufgedeckt und Strategien in Echtzeit verfeinert – schneller, präziser und effizienter als je zuvor.

Doch das ist erst der Anfang. Die nächste Generation von KI wird nicht nur Spieltaktiken perfektionieren oder Trainingsmethoden optimieren – sie könnte den gesamten Scouting- und Rekrutierungsprozess auf den Kopf stellen. Experten sprechen bereits von einer „Demokratisierung“ der Talententdeckung: Algorithmen ermöglichen eine objektive Bewertung vielversprechender Spieler, unabhängig von geografischen oder finanziellen Barrieren. Ein heute noch unbekanntes Talent aus Südamerika oder Afrika könnte morgen durch KI-gestützte Analysen auf dem Radar europäischer Top-Klubs auftauchen.

Die Kostenfrage: Erfolg bleibt teuer

Erfolg im Fussball hat seinen Preis – und die Korrelation zwischen Budget und sportlicher Leistung ist unbestreitbar. Laut der Wage Cost Hypothesis sind die Spielergehälter der stärkste Einzelprädiktor für sportlichen Erfolg: Höhere Gehälter bedeuten bessere Spieler, und bessere Spieler erhöhen die Titelchancen. Kein Wunder, dass Personalkosten den grössten Ausgabenposten für Fussballklubs darstellen.

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In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Gehaltskosten am Gesamtumsatz in vier der fünf grössten europäischen Ligen gestiegen – trotz wachsender Einnahmen aus Ticketverkäufen, TV-Rechten und Sponsoring. Viele Vereine operieren bereits an oder über der von der UEFA empfohlenen 70%-Grenze für nachhaltige Gehaltsstrukturen. Um die eskalierenden Kosten einzudämmen, wurde die neue Squad Cost Rule eingeführt, die Spielergehälter und Transferausgaben strikter regulieren soll. Doch das Grundproblem bleibt bestehen: Top-Talente sind rar, und der Wettlauf um die Besten treibt die Preise weiter in die Höhe.

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Trotz sehr stark gestiegener Transfergebühren bleibt die Erfolgsquote ernüchternd. Fast die Hälfte aller Transfers scheitert – finanziell unrentabel, sportlich oft ein Fehlschlag. Angesichts dieses Risikos setzen Vereine verstärkt auf Nachwuchstalente. Junge Spieler sind nicht nur günstiger, sondern bieten auch enormes Potenzial für hohe zukünftige Transfererlöse – ein entscheidender Hebel, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

KI-Demokratisierung: Neue Chancen für Talente und Vereine

Scouting war lange ressourcenintensiv und subjektiv – doch KI-Technologie verändert das Spiel. Plattformen wie AiScout und Tonsser ermöglichen es Spielern weltweit, sich digital für Vereine sichtbar zu machen. Durch hochgeladene Videos, die Dribblings, Pässe, Torabschlüsse und Defensivaktionen abdecken, analysieren KI-gestützte Systeme Leistungsdaten und vergleichen sie mit professionellen Benchmarks. Das Ergebnis: eine objektive Bewertung basierend auf präzisen Leistungsmetriken.

Spieler erhalten nicht nur eine fundierte Einschätzung ihrer Stärken und Schwächen, sondern auch gezielte Verbesserungsvorschläge. Die Analyse umfasst Parameter wie Ballkontrolle, Passgenauigkeit, Dribbling-Fähigkeiten oder Sprintgeschwindigkeit und gleicht diese Werte mit bestehenden Profis ab. Das erstellte Leistungsprofil kann von Clubs und Scouts weltweit eingesehen werden – eine echte Chance für Talente aus entlegenen Regionen, die bislang übersehen wurden.

Diese Entwicklung eröffnet insbesondere kleineren Clubs neue Möglichkeiten, die sich bisher keine umfassenden Scouting-Netzwerke leisten konnten. Mit begrenzten Budgets sind traditionelle Scouts für viele Vereine schlicht nicht finanzierbar. KI-gestützte Tools schaffen hier einen Durchbruch: Sie ermöglichen den Zugang zu einem globalen Talentpool und filtern Spieler gezielt anhand datenbasierter Analysen. Während finanzstarke Clubs in eigene, proprietäre Systeme investieren, um sich einen strategischen Vorteil zu sichern, erhalten kleinere Vereine erstmals die Chance, Talente effizient und kostengünstig zu identifizieren. In diesem Wettlauf um die besten Spieler zählt vor allem eines – wer schneller erkennt, gewinnt.

Was bedeutet das für die Schweiz?

Die Schweiz steht vor einer entscheidenden Herausforderung: Während Clubs wie der FC Basel oder die Young Boys gezielt auf Talentförderung setzen, nimmt der Druck durch finanzstärkere Ligen stetig zu. Doch Künstliche Intelligenz könnte genau hier zum Gamechanger werden.

Datengetriebene Technologien ermöglichen es, Talente früher zu identifizieren und gezielt zu fördern – eine kosteneffiziente Alternative zu teuren Transfers. Zudem erweitert KI den Talentpool, indem sie auch Spieler aus Amateur-Ligen oder weniger beachteten Regionen sichtbar macht.

Um international konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Schweizer Vereine Innovation und Tradition verbinden und datenbasierte Strategien fest in ihre Scouting- und Trainingsprozesse integrieren. Wer die Möglichkeiten der KI nicht nutzt, riskiert, den Anschluss zu verlieren.

Scouting in der Schweiz: Ein Blick auf die Kosten und Strukturen

Schweizer Fussballvereine müssen mit begrenzten Scouting-Budgets arbeiten. In vielen Clubs besteht die Scouting-Abteilung aus nur zwei bis drei Personen, die mit limitierten Ressourcen Talente identifizieren. Zwar sind globale Spielerstatistiken kostengünstig zugänglich, doch oft fehlen die Kapazitäten für eine fundierte Analyse und Interpretation der Daten.

Dennoch gibt es zunehmend datenbasierte Scouting-Dienstleistungen, die Schweizer Vereine bei der Optimierung ihrer Prozesse unterstützen. Footballytics bietet neben taktischen Spielanalysen auch einen Datascouting-Service, der positionsspezifische Analysen und Leistungsbewertungen ermöglicht. Der Ansatz zielt jedoch nicht darauf ab, datenbasiert den „besten“ Spieler zu bestimmen – denn das wäre weder zielführend noch ausreichend. Vielmehr dient die Methode dazu, die grosse Menge potenzieller Talente im Pre-Scouting-Prozess effizient und objektiv einzugrenzen. Die endgültige Entscheidung bleibt in den Händen der Scouts, deren Erfahrung und Expertise weiterhin essenziell sind. Dass dieser datengetriebene Ansatz nicht nur effizient, sondern auch kostengünstig ist, zeigt der Preis: Eine solche Analyse kostet 399 CHF pro Position.

Dass menschliche Intuition und Erfahrung nicht durch Daten, Analysen und KI ersetzt, sondern gezielt ergänzt werden, zeigt sich auch an der zunehmenden Professionalisierung der Scouting-Ausbildung. Die Goaltrades Academy bietet den ersten Scouting-Kurs der Schweiz an und ermöglicht Fussballinteressierten den Einstieg in dieses Berufsfeld. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der effizienten und sinnvollen Nutzung von Daten im Scouting-Prozess – ein zentraler Baustein für die Zukunft des modernen Scoutings.

Ausblick: Wettlauf um die Zukunft

Der Profifussball steht vor einem Paradigmenwechsel – die Zukunft wird datengetrieben sein. Künstliche Intelligenz wird das Scouting revolutionieren und Vereinen neue Möglichkeiten bieten, sich von der Konkurrenz abzuheben. In einem hochkompetitiven Umfeld, in dem Meisterschaften, internationale Erfolge und Klassenerhalte oft an Details entschieden werden, kann eine präzise, datenbasierte Talentbewertung zum entscheidenden Vorteil werden.

KI ersetzt nicht die menschliche Expertise, sondern verstärkt sie – Scouting wird effizienter, objektiver und skalierbarer. Besonders für kleinere Fussballnationen wie die Schweiz entsteht dadurch eine einmalige Gelegenheit, im globalen Wettbewerb mitzuhalten und Talente frühzeitig zu entdecken, bevor sie von finanzstärkeren Ligen abgeworben werden.

Wer die richtigen Technologien einsetzt, sichert sich nicht nur einen strategischen Vorsprung, sondern möglicherweise auch den entscheidenden Moment, um den nächsten Lionel Messi zu entdecken – bevor es jemand anderes tut. Die zentrale Frage bleibt: Wer denkt schneller, handelt klüger – und gewinnt das Rennen um die Zukunft?

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Melanie Guenthardt

Leiterin Marketing
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