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Trumps Import-Zölle lösen weltweite Schockwellen an den Finanzmärkten aus – Was sollen Anleger jetzt tun?

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7 Apr 2025
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Wie Wladimir Lenin einst sagte, «es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert; und Wochen, in denen Jahrzehnte passieren». Und die letzte Woche war leider eine davon. Präsident Donald Trumps Ankündigungen zur Zollpolitik haben die Finanzmärkte erschüttert und zum viertgrössten Zwei-Tage-Einbruch an den Aktienmärkten seit dem Zweiten Weltkrieg geführt. Die anderen drei waren der Crash von 1987 (ausgelöst durch eine 22.6%-Korrektur des US-Aktienindexes Dow Jones Industrial an einem einzelnen Tag), die Globale Finanzkrise von 2008 und die COVID-Pandemie. Doch im Gegensatz zu diesen historischen Ereignissen ist die aktuelle Turbulenz das Ergebnis klarer politischer Entscheidungen einer Regierung, die sich bewusst sein musste, dass ein solches Ergebnis durchaus möglich, wenn nicht sogar sehr wahrscheinlich war.

Die Finanzmärkte setzen heute ihre Talfahrt fort, wobei technische Faktoren diesen Abwärtstrend zusätzlich verstärken. Anzeichen von zunehmender Illiquidität führen zu erhöhtem Verkaufsdruck und zwingen Investoren, Positionen zu verkaufen, um ihren Verbindlichkeiten nachzukommen. Ein Lichtblick am Horizont könnte sein, dass solche erzwungene Risikoreduzierungen üblicherweise nach einigen Tagen durchprozessiert sind, was danach den Märkten eine Chance auf eine Erholung bieten.

Die Situation bleibt sehr angespannt und unbeständig, was Prognosen erschwert bis unmöglich macht. Nachfolgend versuchen wir, auf wichtige Fragen, welche Schweizer Investoren und Hypothekarschuldner tangieren, einzugehen.

Waren diese Reaktionen nicht zu erwarten?

Obwohl diese Zollerhöhungen von Präsident Trump lange angekündigt und öffentlich rege diskutiert wurden, reagierten die Finanzmärkte dennoch sehr überrascht und erlebten erhebliche Turbulenzen. Die tatsächliche Umsetzung und insbesondere das Ausmass der angekündigten Import-Zölle trafen die Finanzmärkte unvorbereitet, was zu den beobachteten starken Marktreaktionen führte.

Weniger als 48 Stunden nachdem Trump die Zollbarrieren auf das höchste Niveau seit über einem Jahrhundert angehoben hatte, erklärte China am Freitag, dass es zusätzliche 34% Zölle auf alle US-Importe erheben würde, wodurch der globale Handelskrieg neue, gefährliche Höhen erreicht.

Jegliche Hoffnungen der Investoren, dass der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, zur Rettung eilen und eine Bereitschaft zur Zinssenkung signalisieren würde – wie Trump es zuvor auf seiner Social-Media-Plattform angedeutet hatte – wurden zunichtegemacht, da Powell die "erhöhten Risiken" sowohl für das Wachstum als auch für die Inflation betonte und eine abwartende Haltung bevorzugt. Zentralbanken weltweit sehen sich mit dem schnell steigenden Risiko einer Rezession und steigender Inflation konfrontiert. All dies erschüttert die Finanzmärkte weiter.

Wie geht es weiter?

Viele Unsicherheiten bleiben. Es ist noch unklar, ob und wie lange die Importzölle bestehen werden, wobei das Weisse Haus immer wieder betont, dass es offen für Verhandlungen ist. Vieles hängt davon ab, wie Präsident Trump und die Weltgemeinschaft reagieren. Die Situation bleibt unbeständig, was Prognosen unmöglich macht. Vergleiche mit vergangenen Situationen sind ebenfalls schwierig bzw. nicht zielführend, da im Gegensatz zu den früheren Crashs die aktuellen Turbulenzen das Ergebnis klarer politischer Entscheidungen einer Regierung sind.

Was sind die makroökonomischen Auswirkungen?

Je länger die Trump-Administration an der Idee der Zölle festhält, desto grösser wird der Schaden für die globale Wirtschaft. Analysten und Ökonomen sehen, entgegen den Argumenten des Weissen Hauses, das Ende des freien Handels überwiegend als Schock für das US-amerikanische sowie das globale Wirtschaftswachstum. Das Risiko einer globalen Rezession hat sich dadurch erheblich erhöht. Tatsächlich haben mehrere Ökonomen ihre Prognosen für die US-Wirtschaft umgehend nach unten revidiert und erwarten nun überwiegend eine Rezession für die US-Wirtschaft gegen Ende des Jahres 2025. Eine Rezession in den USA muss nicht zwangsläufig zu einer globalen Rezession führen, dennoch schwächt sich die globale Wirtschaft merklich ab, je länger die angekündigten Zölle bestehen bleiben. Die Schweizer Wirtschaft wird sich diesem Trend nicht entziehen können. Für die Schweiz gehen die Konsensus-Prognosen derzeit davon aus, dass das Wachstum ab der zweiten Jahreshälfte ebenfalls merklich abschwächen dürfte.

Wie reagieren die Zentralbanken?

Zentralbanken weltweit sehen sich mit dem schnell steigenden Risiko einer Rezession und steigender Inflation konfrontiert. Einige Zentralbanken, wie das Federal Reserve System (Fed) in den USA, verfolgen ein sogenanntes "duales Mandat", das sowohl Preisstabilität als auch maximale Beschäftigung umfasst.

Obwohl Powell Befürchtungen wegen steigender Inflationserwartungen äusserte, sind die langfristigen, am Markt implizierten Inflationserwartungen sogar deutlich gesunken, was als Signal der Marktteilnehmer in die Fähigkeit der US-Fed gedeutet werden kann, dass sie die langfristige Inflation im Griff hat. Dies wiederum könnte die Fed dazu bewegen, stärker auf die Unterstützung des niedrigeren Wachstums zu fokussieren, was umgehende Zinssenkungen ermöglichen würde. Marktteilnehmer haben infolgedessen allgemein ihre Erwartungen an Leitzinssenkungen erhöht. Von der US-Fed wird nun allgemein erwartet, dass diese den Leitzins im Jahresverlauf um bis zu 1% reduziert. Andere wichtige Zentralbanken dürften einen ähnlichen Pfad einschlagen.

Sind Negativzinsen in der Schweiz wieder möglich?

In der Schweiz haben die Marktturbulenzen dazu geführt, dass die kurzfristigen Zinsen, insbesondere die Renditen für ein- bis zweijährige Staatsanleihen, wieder negativ geworden sind. Dies spiegelt die Besorgnis der Investoren über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle wider und könnte die Schweizerische Nationalbank (SNB) dazu veranlassen, ihre Geldpolitik entsprechend anzupassen. Negativzinsen sind somit nicht mehr auszuschliessen.

Was bedeutet dies für Hypothekarzinsen in der Schweiz?

Die Marktturbulenzen führen allgemein zu tieferen Zinsen, da Staatsanleihen als sicherer Hafen gesucht werden. Dies drückt allgemein auf die Zinskurve. So hat sich die CHF-Swap-Kurve innerhalb einer Woche zwischen 0.1-0.2% nach unten verschoben. Die Zinssätze für Festhypotheken dürften dadurch günstiger geworden sein, auch wenn Banken in einzelnen Fällen diesen Zinsrückschritt nicht komplett weitergeben, sondern stattdessen in ihre Margenpuffer einbauen. Wie bei Unternehmensanleihen spielen auch bei Hypothekarschulden die jeweiligen Ratings für die Zinssätze eine Rolle. Je grösser die Unsicherheit, desto grösser ist die Kreditmarge. SARON-Hypotheken sind wenig betroffen, da diese primär am SNB-Leitzins gekoppelt sind.

Wie lange wirken die technischen Faktoren?

Ein Hoffnungsschimmer besteht tatsächlich darin, dass technisch bedingte, erzwungene Verkaufswellen an den Finanzmärkten oft nach einigen Tagen abnehmen und dadurch den Märkten eine Erholungschance geboten werden könnte. Mehrere technische Indikatoren suggerieren bereits, dass die Aktienmärkte als überverkauft eingestuft werden können.

Wie reagieren die verschiedenen Währungen?

Investoren suchen Zuflucht in traditionell sichere Häfen wie dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken, was zu einer Aufwertung dieser Währungen führt. Gleichzeitig steht der US-Dollar unter Druck, entgegen den Erwartungen vieler Marktteilnehmer, da der US-Dollar üblicherweise bei erhöhten Unsicherheiten tendenziell an Wert zulegt. Analysten warnen davor, dass die Zollpolitik das Vertrauen in die US-Wirtschaft untergraben und zu einer Dollar-Krise führen könnte. Der Euro hingegen hat gegenüber dem Dollar an Wert gewonnen, trotz der potenziellen negativen Auswirkungen der US-Importzölle, da der Euro als stabilere Alternative zum Dollar gesehen wird.

Warum funktioniert der Goldpreis nicht als sicherer Hafen?

Der Goldpreis hat seit Beginn des Sell-offs ebenfalls etwas an Wert eingebüsst und notiert zum dritten Tag in Folge im Minus. Dieses Phänomen ist tatsächlich nicht überraschend, da praktisch alle Anleger satte Gewinne auf ihren Goldbeständen haben und in Zeiten mit extremem Marktstress sie Gewinne realisieren (müssen), um Nachschussforderungen zu bedienen. Diese Kursrückgänge bieten aber auch Chancen für langfristige Käufe in Gold.

Kann ich mein Portfolio noch absichern?

Eine Portfolioabsicherung hat Gemeinsamkeiten mit Sachversicherungen. Bei oder nach Eintritt eines Schadenfalls ist eine Absicherung nicht mehr möglich oder sehr kostenintensiv. Klassische Absicherungen über Optionen sind aufgrund des starken Anstiegs der erwarteten Volatilität tatsächlich sehr «teuer». Stattdessen stellen Gold, Staatsanleihen oder alternative Anlagen Möglichkeiten dar, Portfoliostabilisatoren beizumischen. Bei Staatsanleihen in Fremdwährungen sollte berücksichtigt werden, dass in Zeiten erhöhter Unsicherheit der Schweizer Franken zunimmt, was somit die Rendite in Fremdwährungsanlagen schmälert.

Eine gesunde Portfoliodiversifikation stellt immer noch die effektivste und günstigste Portfolioabsicherung dar.

Gelten Unternehmensanleihen auch als attraktive Absicherungen?

Nein, nicht unbedingt. Infolge der sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen steigen auch die Risiken von Zahlungsausfällen bei Unternehmensanleihen, was zu erhöhten Risiko-Aufschlägen (sogenannten Kredit-Spreads) führt. Diese führen wiederum zu tieferen Preisen bei Unternehmensanleihen und können die Effekte von fallenden Zinsen mehr als wettmachen. Allgemein gilt aber, dass Unternehmensanleihen von guter Qualität für risiko-averse InvestorInnen auch geeignete Instrumente darstellen, das Portfolio zu stabilisieren.

Soll ich meine Aktien komplett verkaufen?

Angesichts der herrschenden Unsicherheit bleibt es für Anleger entscheidend, eine besonnene und strategische Haltung einzunehmen und nicht in Panik zu verfallen. Überstürzte Reaktionen aufgrund einer undurchsichtigen Sachlage können langfristige Anlageziele gefährden. Es ist daher ratsam, an einer durchdachten Anlagestrategie festzuhalten, die Diversifikation betont und mit den individuellen finanziellen Zielen im Einklang steht. Ein disziplinierter Ansatz ermöglicht es, Phasen der Unsicherheit effektiver zu bewältigen.

Für Anleger, die infolge der Turbulenzen besorgt sind und sich über die kurzfristigen Risiken Gedanken machen, und für die die oben genannten Beimischungen nicht ausreichen, könnten Teilverkäufe die letzte Instanz darstellen und in Betracht gezogen werden.

Soll ich meinen Fonds-Sparplan aussetzen?

Nein, wie oben erläutert, bleibt es ratsam, an einer durchdachten Anlagestrategie festzuhalten, die Diversifikation betont und mit den individuellen finanziellen Zielen im Einklang steht. Sofern dieser Umstand gegeben ist, bietet die aktuelle Marktkorrektur auch attraktive Kaufgelegenheiten – insbesondere durch die Optimierung der Einstandskurse bestehender Positionen mit langfristigem Charakter.

Können historische Vergleiche helfen, kurzfristige Risiken und Chancen zu beurteilen?

Nur bedingt, denn im Gegensatz zu früheren historischen Ereignissen ist die aktuelle Turbulenz das Ergebnis klarer politischer Entscheidungen einer Regierung, die sich bewusst sein musste, dass ein solches Ergebnis durchaus möglich, wenn nicht sogar sehr wahrscheinlich war. Phasen mit Marktstress bargen jedoch in der Vergangenheit langfristige Chancen für Anleger, die kurzfristige Volatilitäten überwinden können.

Eine Analyse der UBS zeigt beispielsweise, dass in zwölf Fällen, in denen der S&P 500 Index seit dem Jahr 1945 von seinem Höchstwert um 20% nachgab:

  • Nach einem Jahr in 67% der Fälle eine positive anschliessende Rendite von durchschnittlich fast 13% resultierte.
  • Nach zwei Jahren in 75% aller Fälle eine positive anschliessende Rendite von durchschnittlich über 24% resultierte.
  • Nach fünf Jahren in 91% aller Fälle eine durchschnittliche Rendite von über 52% resultierte.

Die Reaktion der Finanzmärkte in Charts

Abb.1: Übersicht der Entwicklung wichtiger Aktienmärkte

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Abb.2: Veränderung der CHF-Zinsswapkurve

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Quelle: Bloomberg, smzh ag

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Bekim Laski

Chief Investment Officer und Partner
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Einschätzung zum Zins- und Hypothekarmarkt Nov. 2024

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