Wer ohne durchdachte Finanzierung expandiert, riskiert die Liquidität. Wer zu schnell wächst, ohne den Versicherungsschutz anzupassen, läuft Gefahr, existenzielle Schäden nicht abgedeckt zu haben. Und wer als Führungskraft nicht mitwächst, wird zum Engpass im eigenen Unternehmen.
Erfolgreiches Skalieren heisst nicht nur zu wachsen, sondern das Unternehmen aktiv auf das Wachstum vorzubereiten – finanziell, strategisch und strukturell.
Versicherungsschutz – Plötzlich nicht mehr passend: Wenn Wachstum neue Risiken bringt
Was in der Gründungsphase genügt, ist im Scale-up oft unzureichend. In der Scale-up-Phase verändert sich nicht nur die Grösse eines Unternehmens, sondern auch dessen Risikoprofil – oft drastisch. Neue Geschäftsfelder, grössere Teams, internationale Märkte oder neue Produktionsanlagen bringen neue Gefahren mit sich. Doch viele KMU versäumen es, ihre Versicherungspolicen an das veränderte Risiko anzupassen.
Beispiel: Ein Berner Tech-KMU vergrösserte sein Büro und stellte 15 neue Mitarbeitende ein. Beim Wasserschaden im neuen Serverraum stellte sich heraus, dass der Versicherungsschutz nur die alte Infrastruktur abdeckte – der finanzielle Schaden betrug über 100'000 Franken.
Ein weiteres klassisches Beispiel ist der unzureichende Schutz bei Cyberrisiken: Ein wachsendes E-Commerce-Unternehmen aus Lausanne wurde Opfer eines Ransomware-Angriffs. Da die bestehende Police keine Cyberversicherung enthielt, musste das KMU für IT-Wiederherstellung, Betriebsunterbruch und Kundenschäden selbst aufkommen – ein Schaden von über 250’000 Franken, der beinahe zur Zahlungsunfähigkeit führte.
Auch klassische Risiken wie Unterversicherung des Inventars, fehlende Transportversicherungen oder veraltete Betriebshaftpflichtpolicen sind häufige Schwachstellen in Wachstumsunternehmen.
Tipp: In jeder Skalierungsphase – sei es durch Mitarbeiterzuwachs, neue Standorte oder Produktdiversifikation – sollten der Versicherungsschutz gemeinsam mit einem spezialisierten Versicherungsberater mindestens jährlich überprüft und angepasst werden. Besonders wichtig sind: Personenversicherungen, Betriebshaftpflicht, Sachversicherung, Ertragsausfall, Cyberversicherung sowie eine D&O-Versicherung für Geschäftsleitungsmitglieder und Verwaltungsratsmitglieder.
Finanzierung – Kapitalbedarf ohne Kontrollverlust
Die Skalierung verschlingt Kapital – und zwar oft schneller, als es wieder hereinkommt: Investitionen in Maschinen, Personal oder Marketing sind notwendig, oft noch bevor höhere Umsätze erzielt werden.
Doch traditionelle Banken sind bei wachstumsstarken, aber noch nicht voll profitablen KMU häufig zurückhaltend – das Unternehmen ist zwar etabliert, aber oft noch nicht profitabel genug für klassische Kredite. Was tun?
Mögliche Finanzierungsformen in der Scale-up-Phase sind:
- Investitionskredite für Maschinen oder Infrastruktur
- Betriebsmittelkredite zur Sicherung der Liquidität
- Leasing für Fahrzeuge oder Maschinen
- Factoring zur Vorfinanzierung von Rechnungen
- Beteiligungskapital von strategischen Investoren oder Business Angels
- Mezzanine-Kapital als hybride Lösung ohne direkte Stimmrechtsabgabe
Beispiel: Ein Zürcher KMU aus der Medtech-Branche stand vor genau diesem Dilemma. Die Nachfrage stieg rasant, aber die Produktionsinfrastruktur war ausgelastet. Die Hausbank verlangte hohe Sicherheiten für einen Investitionskredit. Die Lösung war eine Kombination aus Mezzanine-Kapital und Leasing. So konnte das Unternehmen investieren, ohne Anteile abzugeben – und sich gleichzeitig finanziell flexibel halten.
Tipp: Je diversifizierter das Finanzierungsmix, desto resilienter das Unternehmen. Eine solide Eigenkapitalbasis, transparente Finanzzahlen und ein überzeugender Businessplan erhöhen die Bonität und erleichtern den Zugang zu Kapital.
Organisationsstruktur & Führung – Der Wandel vom Macher zum Manager
Während der Gründungs- und Startphase ist der Gründer oft das Herzstück des Unternehmens: Ideengeber, Fachexperte, Vertriebler, Buchhalter, Personalchef. Eine Person entscheidet, treibt an, kennt jede Zahl. Doch je grösser das Unternehmen wird, desto weniger funktioniert diese «One-(Wo)Man-Show.» Denn was mit 5 Mitarbeitenden funktioniert, scheitert ohne strukturelle Anpassungen bei 50 Mitarbeitenden.
In der Scale-up-Phase braucht es Strukturen, Führungssysteme und Teams, die Verantwortung übernehmen – und Führungskräfte, die loslassen können.
Herausforderung: Viele Gründer tun sich schwer mit dem Rollenwechsel – von der operativen Allroundkraft zur strategischen Führungspersönlichkeit.
Ein typisches Beispiel: Ein KMU im Bereich Softwareentwicklung aus Luzern wuchs innerhalb von zwei Jahren von 8 auf 52 Mitarbeitende. Der Gründer wollte weiterhin jede Entscheidung selbst treffen, was zu internen Verzögerungen, Unzufriedenheit im Team und einer hohen Fluktuation führte. Erst die Einführung eines Management-Boards und die bewusste Übergabe operativer Verantwortung brachte die nötige Entlastung – und neuen Schwung.
Führung in der Scale-up-Phase heisst:
- Aufbau einer skalierbaren Organisationsstruktur
- Aufbau eines starken mittleren Managements, mit klaren Verantwortlichkeiten, Rollen, eigenem Budget und vor allem Entscheidungshoheit
- Fokus auf Strategie statt Tagesgeschäft
- Klare Kommunikation von Vision, Werten und Zielen
- Persönliche Weiterentwicklung der Führungsperson(en)
Tipp: Unternehmer sollten sich in dieser Phase aktiv coachen lassen – sei es durch Mentoring, Führungsseminare oder Sparring mit externen Fachpersonen. Der Wandel von der Gründerperson zum CEO ist oft der entscheidende Erfolgsfaktor in der Skalierung.