Was ändert sich:
Die neuen Eigenmittelvorgaben zielen darauf ab, Hypothekarkredite risikosensitiver zu bewerten. Sie verlangen von den Banken eine Eigenmittelhinterlegung, die stärker von der Belehnung und der Nutzung der Immobilie abhängt. Grundsätzlich gilt: Je höher die Eigenmittelhinterlegung der Bank für ein Hypothekargeschäft, desto weniger profitabel ist es für die Bank, und umgekehrt – vorausgesetzt, alle anderen Bedingungen bleiben konstant (ceteris paribus).
Konkret bedeutet dies, dass ab dem 1. Januar 2025 eine niedrig belehnte Eigenheimhypothek weniger Eigenmittelhinterlegung der Bank erfordern wird, während ein Baukredit mit mittlerem Belehnungsgrad für eine Gewerbeimmobilie eines Immobilieninvestors eine höhere Eigenmittelhinterlegung verlangen wird. Die neue Verordnung verfolgt das Ziel, die Risikogewichtung differenzierter nach Belehnung und Immobiliennutzung zu gestalten, um das Kreditrisiko präziser abzubilden und die Stabilität des Hypothekargeschäfts zu erhöhen. Durch die neue Verordnung ändern sich jedoch auch die Spielregeln im Hypothekargeschäft und es entstehen Anreize für Banken, ihr Kreditvergabeverhalten und Pricing anzupassen, um ihre Renditeziele zu sichern – was direkte Auswirkungen auf die Konditionen für Hypothekarnehmer haben wird.
Da die neue ERV höhere Eigenmittelanforderungen für Renditeimmobilien mit sich bringt, wird die SBVg die 2019 eingeführten strengeren Mindestanforderungen ab dem kommenden Jahr aufheben. Diese Anforderungen sehen aktuell für Renditeimmobilien einen höheren Eigenmittelanteil von mindestens 25% durch den Kreditnehmer sowie eine strengere Amortisation der Hypothek auf zwei Drittel des Belehnungswertes innerhalb von zehn Jahren vor. Künftig gelten für alle Hypothekarfinanzierungen, die unter die Richtlinien fallen, wieder einheitliche Minimalanforderungen: 10% harte Eigenmittel und eine Amortisation auf zwei Drittel des Belehnungswertes innerhalb von 15 Jahren.
Um die im Basel-III-Standard geforderte vorsichtige Bewertung von Immobilien umzusetzen, wurde in der ERV die Frist für die Neubewertung des ursprünglichen Belehnungswerts auf fünf Jahre gesetzt, während die SBVg-Richtlinien derzeit nur eine Mindestdauer von 24 Monaten vorsehen. Das bedeutet, dass der bei der Kreditvergabe festgelegte Belehnungswert frühestens nach fünf Jahren erneut bewertet werden darf. Diese Regelung soll verhindern, dass bei steigenden Immobilienpreisen automatisch die Belehnung und damit die Eigenmittelanforderungen sinken, oder der Immobilienbesitzer ohne wertvermehrende Investitionen die Hypothek innerhalb der fünf Jahre erhöhen kann, beides hätte eine prozyklische Wirkung.
Neue Risikoklassifizerungen für grundpfandgesicherte Kredite
Um die Auswirkungen der neuen Regulierung auf Hypothekarnehmer verständlich zu machen, ist es wichtig, die Risikogewichtungen bei Banken zu beleuchten. Gemäss der ERV können Banken entweder standardisierte Ansätze oder eigene, interne Modelle (IRB-Ansatz) zur Risikobewertung verwenden, wobei letztere die Genehmigung der FINMA benötigen. Interne Modelle, hauptsächlich von grösseren Banken genutzt, sind zwar komplex und ressourcenintensiv, ermöglichen jedoch eine risikosensitivere Bewertung, die häufig zu niedrigeren Risikogewichtungen führt als der Standardansatz. Der Hypothekarmarkt ist dabei zu 44% durch Banken mit IRB-Ansatz und zu 50% durch den Standardansatz abgedeckt.
Ab dem 1. Januar 2025 gilt neu, dass Banken mit internen Modellen nun indirekt durch den Standardansatz beeinflusst werden. Die ERV schreibt vor, dass die risikogewichteten Aktiva (RWA) bei internen Modellen mindestens 72.5% des Wertes betragen müssen, der durch den Standardansatz erreicht würde. Somit betrifft die neue ERV sowohl Banken mit Standardansatz als auch solche mit internen Modellen. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die Änderungen im Standardansatz.
Bisher unterscheidet der Standardansatz nur zwischen Wohn- und übrigen Liegenschaften, unabhängig vom Nutzer. Baukredite werden nicht separat berücksichtigt. Die Risikogewichtung erfolgt in einem dreistufigen Tranchenansatz: i.) bis zu zwei Drittel Belehnung, ii.) zwischen zwei Drittel und 80%, und iii.) über 80%, wobei jede Tranche eine spezifische Risikogewichtung erhält, die dann summiert werden.
Der neue Standardansatz führt eine feinere Differenzierung ein, die nebst dem Liegenschaftstyp nun auch die Nutzung berücksichtigt und eine belehnungssensitive Risikogewichtung verfolgt. Dabei wird das gesamte Kreditvolumen einer spezifischen Risikogewichtung zugeordnet, abhängig davon, ob die Immobilie zur Eigennutzung oder als Renditeobjekt dient und ob es sich um eine bestehende Liegenschaft oder einen Baukredit handelt.
Die folgenden Abbildungen zeigen die neuen Risikogewichtungen im Vergleich zu den aktuellen, gegliedert nach Liegenschaftstyp, Nutzung sowie bestehend oder im Bau.