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Neue Eigenmittelverordnung

Artikel
6 Dez 2024
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Ab dem 1. Januar 2025 tritt die neue Eigenmittelverordnung in Kraft – was bedeutet das für Hypotheken und Immobilienbesitzer?

Ab dem 1. Januar 2025 tritt in der Schweiz die neue Eigenmittelverordnung (ERV) in Kraft, die das Bankwesen – und besonders das Hypothekargeschäft – nachhaltig prägen werden. Diese Änderungen markieren den finalen Schritt zur Einbettung der international geforderten Basel-Standards in das Schweizer Recht. Zeitgleich lockert die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) im Rahmen der Selbstregulierung bestimmte Mindestanforderungen im Hypothekargeschäft. Damit übernimmt die Schweiz eine umstrittene Vorreiterrolle, denn in der Europäischen Union, Grossbritannien und den USA ist die Umsetzung aufgrund des Widerstands der Banken teils ausgesetzt oder erneut verschoben worden.

Diese Analyse erläutert die wichtigsten Veränderungen und zeigt anhand von Zahlenbeispielen, wie die neuen Rahmenbedingungen das Hypothekargeschäft beeinflussen. Sie beleuchtet die möglichen Anpassungen und den bestehenden Handlungsbedarf.

Was ändert sich:

Die neuen Eigenmittelvorgaben zielen darauf ab, Hypothekarkredite risikosensitiver zu bewerten. Sie verlangen von den Banken eine Eigenmittelhinterlegung, die stärker von der Belehnung und der Nutzung der Immobilie abhängt. Grundsätzlich gilt: Je höher die Eigenmittelhinterlegung der Bank für ein Hypothekargeschäft, desto weniger profitabel ist es für die Bank, und umgekehrt – vorausgesetzt, alle anderen Bedingungen bleiben konstant (ceteris paribus).

Konkret bedeutet dies, dass ab dem 1. Januar 2025 eine niedrig belehnte Eigenheimhypothek weniger Eigenmittelhinterlegung der Bank erfordern wird, während ein Baukredit mit mittlerem Belehnungsgrad für eine Gewerbeimmobilie eines Immobilieninvestors eine höhere Eigenmittelhinterlegung verlangen wird. Die neue Verordnung verfolgt das Ziel, die Risikogewichtung differenzierter nach Belehnung und Immobiliennutzung zu gestalten, um das Kreditrisiko präziser abzubilden und die Stabilität des Hypothekargeschäfts zu erhöhen. Durch die neue Verordnung ändern sich jedoch auch die Spielregeln im Hypothekargeschäft und es entstehen Anreize für Banken, ihr Kreditvergabeverhalten und Pricing anzupassen, um ihre Renditeziele zu sichern – was direkte Auswirkungen auf die Konditionen für Hypothekarnehmer haben wird.

Da die neue ERV höhere Eigenmittelanforderungen für Renditeimmobilien mit sich bringt, wird die SBVg die 2019 eingeführten strengeren Mindestanforderungen ab dem kommenden Jahr aufheben. Diese Anforderungen sehen aktuell für Renditeimmobilien einen höheren Eigenmittelanteil von mindestens 25% durch den Kreditnehmer sowie eine strengere Amortisation der Hypothek auf zwei Drittel des Belehnungswertes innerhalb von zehn Jahren vor. Künftig gelten für alle Hypothekarfinanzierungen, die unter die Richtlinien fallen, wieder einheitliche Minimalanforderungen: 10% harte Eigenmittel und eine Amortisation auf zwei Drittel des Belehnungswertes innerhalb von 15 Jahren.

Um die im Basel-III-Standard geforderte vorsichtige Bewertung von Immobilien umzusetzen, wurde in der ERV die Frist für die Neubewertung des ursprünglichen Belehnungswerts auf fünf Jahre gesetzt, während die SBVg-Richtlinien derzeit nur eine Mindestdauer von 24 Monaten vorsehen. Das bedeutet, dass der bei der Kreditvergabe festgelegte Belehnungswert frühestens nach fünf Jahren erneut bewertet werden darf. Diese Regelung soll verhindern, dass bei steigenden Immobilienpreisen automatisch die Belehnung und damit die Eigenmittelanforderungen sinken, oder der Immobilienbesitzer ohne wertvermehrende Investitionen die Hypothek innerhalb der fünf Jahre erhöhen kann, beides hätte eine prozyklische Wirkung.

Neue Risikoklassifizerungen für grundpfandgesicherte Kredite

Um die Auswirkungen der neuen Regulierung auf Hypothekarnehmer verständlich zu machen, ist es wichtig, die Risikogewichtungen bei Banken zu beleuchten. Gemäss der ERV können Banken entweder standardisierte Ansätze oder eigene, interne Modelle (IRB-Ansatz) zur Risikobewertung verwenden, wobei letztere die Genehmigung der FINMA benötigen. Interne Modelle, hauptsächlich von grösseren Banken genutzt, sind zwar komplex und ressourcenintensiv, ermöglichen jedoch eine risikosensitivere Bewertung, die häufig zu niedrigeren Risikogewichtungen führt als der Standardansatz. Der Hypothekarmarkt ist dabei zu 44% durch Banken mit IRB-Ansatz und zu 50% durch den Standardansatz abgedeckt.

Ab dem 1. Januar 2025 gilt neu, dass Banken mit internen Modellen nun indirekt durch den Standardansatz beeinflusst werden. Die ERV schreibt vor, dass die risikogewichteten Aktiva (RWA) bei internen Modellen mindestens 72.5% des Wertes betragen müssen, der durch den Standardansatz erreicht würde. Somit betrifft die neue ERV sowohl Banken mit Standardansatz als auch solche mit internen Modellen. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die Änderungen im Standardansatz.

Bisher unterscheidet der Standardansatz nur zwischen Wohn- und übrigen Liegenschaften, unabhängig vom Nutzer. Baukredite werden nicht separat berücksichtigt. Die Risikogewichtung erfolgt in einem dreistufigen Tranchenansatz: i.) bis zu zwei Drittel Belehnung, ii.) zwischen zwei Drittel und 80%, und iii.) über 80%, wobei jede Tranche eine spezifische Risikogewichtung erhält, die dann summiert werden.

Der neue Standardansatz führt eine feinere Differenzierung ein, die nebst dem Liegenschaftstyp nun auch die Nutzung berücksichtigt und eine belehnungssensitive Risikogewichtung verfolgt. Dabei wird das gesamte Kreditvolumen einer spezifischen Risikogewichtung zugeordnet, abhängig davon, ob die Immobilie zur Eigennutzung oder als Renditeobjekt dient und ob es sich um eine bestehende Liegenschaft oder einen Baukredit handelt.

Die folgenden Abbildungen zeigen die neuen Risikogewichtungen im Vergleich zu den aktuellen, gegliedert nach Liegenschaftstyp, Nutzung sowie bestehend oder im Bau.

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Zwischenfazit I

Selbstgenutztes Wohneigentum wird bei moderaten Belehnungsgraden bis 80% tendenziell von niedrigeren oder gleichbleibenden Risikogewichten profitieren, während Renditeobjekte insbesondere bei höheren Belehnungen ab 60% sowie Renditeobjekte im Bau generell mit höheren Risikogewichten rechnen müssen.

Einfluss auf die Kreditmargen

Um zu verstehen, wie die neuen Regelungen die Kreditmargen beeinflussen, müssen zunächst die Grundlagen der Margenberechnung beleuchtet werden. Der Hypothekarzins setzt sich aus dem Refinanzierungssatz und einer individuellen Kreditmarge zusammen. Während der Refinanzierungssatz von den Marktbedingungen vorgegeben wird und weder von der Bank noch vom Kreditnehmer beeinflusst werden kann, hängt die Kreditmarge von Faktoren wie dem Risiko des Kreditnehmers, den Betriebskosten, der angestrebten Eigenkapitalrendite und dem Anteil des eingesetzten Eigenkapitals der Bank ab.

Wenn ein Kredit einem höheren Risiko zugeordnet wird und dadurch die erforderlichen Eigenmittel der Bank steigen, sinkt die auf das Eigenkapital erzielte Rendite – vorausgesetzt, die Kreditmargen bleiben unverändert. Dies schafft für die Bank Anreize, entweder die Kreditmarge zu erhöhen, um die Eigenkapitalrendite aufrechtzuerhalten, oder die Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe anzupassen. Eine Anpassung könnte etwa durch strengere Belehnungsvorgaben oder höhere Amortisationspflicht erfolgen. In Fällen, in denen die angestrebte Rentabilität nicht erzielt werden kann, könnte die Bank sogar beschliessen, die Kreditvergabe abzulehnen. Abbildung 2 illustriert anhand eines Zahlenbeispiels für eine Finanzierung einer Renditeliegenschaft, die zu 60% belehnt ist, die Auswirkungen auf die Rendite aus Sicht der Bank.

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Zwischenfazit II

Das Zahlenbeispiel zeigt, dass die Bank bei einer Finanzierung mit 60% Belehnungsgrad und einer konstanten Kreditmarge von 1.00% eine 31.5% geringere Rendite auf ihre Eigenmittel hinnehmen müsste. Um die ursprüngliche Rendite zu erzielen, wäre eine Erhöhung der Kreditmarge (um 43 Basispunkte auf neu 1.43%) erforderlich. Das Risiko des Geschäfts bleibt dabei unverändert; die höhere Kreditmarge ist ausschliesslich auf die neuen regulatorischen Vorgaben zurückzuführen. Alternativ könnte die Bank eine geringere Belehnung, schnellere Amortisation oder sogar eine Ablehnung der Finanzierung in Betracht ziehen.

Welche Hypotheken werden teurer, welche günstiger?

Die neue ERV führt nicht zwangsläufig zu höheren Kreditmargen für alle Hypothekarnehmer und gefährdet auch nicht generell die Refinanzierungsmöglichkeiten. Abbildung 3 veranschaulicht, wie sich die Kreditmarge je nach Belehnungsgrad verändern könnte, unter der Annahme, dass die Zielbruttorendite der Bank konstant bleibt.

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Für Wohneigentum – unabhängig davon, ob bestehend oder im Bau – dürften Hypotheken mit Belehnungen bis zu 80% günstiger werden. Auch Finanzierungen für selbstgenutzte Gewerbeimmobilien, sowohl bestehend als auch im Bau, profitieren unabhängig vom Belehnungsgrad von der neuen Verordnung.

Bei Renditeimmobilien zeigt sich ein anderes Bild: Tiefer belehnte Renditeobjekte profitieren, wobei die kommerzielle Nutzung deutlicher im Vorteil ist. Bei Belehnungen ab 60% steigen die Kreditmargen jedoch, insbesondere für Renditeobjekte im Wohnbereich. Baukredite für Renditeimmobilien werden unabhängig vom Belehnungsgrad deutlich teurer.

Ob und in welchem Umfang Banken die Anpassungen der Kreditmargen durchsetzen, hängt von mehreren Faktoren ab: dem Wettbewerbsdruck, der Strategie zur Geschäftsausweitung und der Fähigkeit, höhere Kreditmargen am Markt durchzusetzen. Besonders herausfordernd dürfte die Situation für hoch belehnte Wohnrenditeliegenschaften und Bauprojekte für Renditeliegenschaften werden. Diese müssen nicht nur mit höheren Kreditmargen rechnen, sondern auch mit einem erhöhten Risiko, dass die Bank die Finanzierung ablehnt.

Für wen besteht Handlungsbedarf?

Die Analyse und die Zahlenbeispiele zeigen klar, welche Finanzierungen potenziell günstiger und welche teurer werden. Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, dass Banken ihre Kunden proaktiv auf mögliche Einsparungen hinweisen. Stattdessen dürften Banken eher bestrebt sein, die Kreditmargen generell hoch oder zumindest stabil zu halten, um attraktive Gewinnmargen zu sichern.

Eigenheimbesitzer und KMUs mit eigenen Betriebsliegenschaften, die von den neuen Regelungen profitieren könnten, sollten daher den Markt aufmerksam beobachten und gezielt in Verhandlungen treten oder Vergleichsofferte einholen, um potenzielle Vorteile zu erzielen. Investoren mit hoch belehnten Renditeimmobilien oder geplanten Bauprojekte sollten frühzeitig ihre Finanzierungssituation gründlich prüfen, um Risiken und Überraschungen zu vermeiden. Besonders Promotionsobjekte könnten durch die neue Verordnung benachteiligt sein, da ihre Finanzierung im aktuellen Marktumfeld ohnehin bereits schwierig sein kann.

Durch die Aufhebung der SBVg-Mindestanforderungen könnten Banken theoretisch Hypotheken für Renditeimmobilien mit bis zu 90% Belehnung anbieten. In der Praxis hängt dies jedoch stark von den internen Kreditvergaberichtlinien und der Geschäftspolitik ab, die trotz der gelockerten Mindestanforderungen kaum angepasst werden dürften. Wie in der Analyse dargelegt, führen höhere Belehnungen durch die neue ERV zu zusätzlichen Kosten, die das Geschäft für beide Seiten unattraktiver machen. Einige Banken könnten dieses Segment jedoch dennoch abdecken und so für Investoren, deren Strategie den Einsatz eines hohen Fremdkapitalanteil voraussetzt, eine Alternative zum teuren Mezzanine-Kapital in der Finanzierungsstruktur bieten.

Unsere Unterstützung für Sie

Mit unserer fundierten Kenntnis der neuen Eigenmittelverordnung zeigen wir Ihnen, wie Sie von den geänderten Rahmenbedingungen profitieren oder mögliche Risiken minimieren können. Wir analysieren Ihre aktuelle Finanzierungssituation und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen Lösungen, die optimal auf Ihre Bedürfnisse und Ziele abgestimmt sind. Dank unserer Unabhängigkeit und Erfahrung erhalten Sie eine transparente Beratung, die Ihnen hilft, in einem komplexen Marktumfeld kluge Entscheidungen zu treffen.

Author:
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Lukas Eichhorn

Leiter Marketing, Mitglied der Direktion
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