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Gold: Geht die historische Rally auch 2026 weiter?

Artikel
11 Nov 2025
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Gold erlebt derzeit eine seiner stärksten Phasen seit Einführung der freien Preisbildung

Nach einem Anstieg um rund 28% in US-Dollar im Jahr 2024 liegt die Performance von Gold im bisherigen Jahresverlauf 2025 trotz einer zwischenzeitlichen Korrektur im Oktober bei über 50%. Damit zählt das Jahr 2025 zu den vier besten seit Aufhebung der Goldbindung 1971 und markiert eine der ausgeprägtesten Rallys des Edelmetalls in der modernen Geldordnung.

Historische Jahresrenditen von Gold in USD seit Beginn der freien Preisbildung (1971)

Was versteht man unter freier Preisbildung?

Bis Anfang der 1970er-Jahre war der Goldpreis staatlich fixiert: Eine Feinunze kostete 35 US-Dollar, und viele Währungen waren an Gold gebunden. Am 15. August 1971 beendete US-Präsident Richard Nixon diese Bindung, da die steigenden Dollarbestände nicht mehr durch Goldreserven gedeckt waren. Seit diesem „Nixon-Schock“ bildet sich der Goldpreis frei am Markt – er schwankt mit Inflation, Zinsen, Krisen und dem Vertrauen der Anleger.

Was bewegt den Goldpreis im Allgemeinen?

Heute bestimmen vor allem Realzinsen (Zinsen abzüglich Inflation) und der US-Dollar den Kurs. Sinkende Realzinsen oder ein schwächerer Dollar erhöhen meist die Nachfrage nach Gold, da es im Vergleich zu verzinsten Anlagen attraktiver und international günstiger wird. Steigende Zinsen oder ein starker Dollar belasten dagegen den Preis. Gold spiegelt damit das Zusammenspiel von Wirtschaft, Geldpolitik und globalem Vertrauen wider.

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Haupttreiber dieser Entwicklung sind anhaltende geopolitische Spannungen, eine hohe Nachfrage institutioneller Investoren sowie die Erwartung weiter sinkender Realzinsen. Seit 2022 haben insbesondere Zentralbanken ihre physischen Goldbestände ausgebaut, um ihre Währungsreserven zu diversifizieren und sich gegen steigende Staatsverschuldung und wachsende Haushaltsdefizite der USA abzusichern. Zudem haben Zweifel an der Risikolosigkeit von US-Staatsanleihen und die zunehmende Fragmentierung der globalen Ordnung die Attraktivität von Gold als strategisches Reserve- und Sicherungsinstrument weiter gestärkt.

Globale Nachfrage nach physischem Gold nach Käufergruppen seit 2010
Hohe Nettokäufe von physischem Gold durch Zentralbanken seit 2022

Parallel dazu verzeichneten Gold-ETFs ab 2024 erhebliche Kapitalzuflüsse. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass sowohl institutionelle als auch private Anleger verstärkt auf das Edelmetall setzen. Ausschlaggebend waren zum einen die Erwartungen sinkender Zinsen infolge der geldpolitischen Wende der US Fed, zum anderen das gestiegene Bedürfnis nach Absicherung vor zunehmenden makroökonomischen Risiken.

Gold-ETFs erleben seit 2024 wieder deutlische Zuflüsse

Gold erlebte Ende Oktober nach einer aussergewöhnlich schnellen und starken Rally auf rund 4'400 US-Dollar pro Unze eine spürbare Korrektur. Seitdem hat sich der Kurs stabilisiert und pendelt nun um die Marke von 4’000 US-Dollar. Dieser Rücksetzer wurde grösstenteils durch Gewinnmitnahmen ausgelöst und stellt eine natürliche, technische Konsolidierung nach einem rasanten Anstieg dar. Eine solche Volatilität nach einer starken Aufwärtsbewegung ist marktüblich und sollte Investoren nicht überraschen. Die entscheidende Frage lautet nun, ob die Rally im kommenden Jahr fortgesetzt wird oder ob 2026 eine neue Marktphase mit veränderter Dynamik entsteht.

Goldpreis mit starkem Aufwärtstrend über dem 200-Tage-Durchschnitt

Bemerkung: In der klassischen Chart-Analyse gilt die 200-Tage-Linie, auch gleitender Durchschnitt genannt, als wichtige langfristige Trendlinie. Sie glättet den Durchschnittspreis der letzten 200 Handelstage und fungiert damit als technische Unterstützung oder Widerstand. Notiert der Goldpreis dauerhaft deutlich über dieser Linie, signalisiert dies einen starken Aufwärtstrend und eine gesteigerte Kaufnachfrage. Im Oktober lag der Abstand zwischen Kurs und 200-Tage-Durchschnitt aber bei über 25%, was eine technische Überhitzung und einen überkauften Zustand anzeigt. Diese Überdehnung führte zu einer kurzfristigen Korrektur, ausgelöst durch Gewinnmitnahmen.

Drei makroökonomische Kräfte, die den Goldpreis 2026 weiter antreiben könnten

  1. Weitere Zinssenkungen der US-Fed: Erwartete Zinssenkungen der US-Notenbank reduzieren die Opportunitätskosten von Gold.
  2. Anhaltende Schwäche des US-Dollars: Ein tiefer Dollar macht Gold für Anleger aus anderen Währungsräumen attraktiver und stützt die Nachfrage.
  3. Geopolitische und makroökonomische Unsicherheiten: Anhaltende geopolitische Spannungen, Handelskonflikte und Sorgen über hohe Staatsverschuldungen wirken als Risikoimpulse, die Investoren zu Gold als sicherem Hafen treiben.

Drei makroökonomische Kräfte, die gegen eine weitere Rally sprechen

  1. Stärkere konjunkturelle Erholung als erwartet und damit verbunden höhere Zinsen: Falls die US-Notenbank (Fed) wider Erwarten restriktiver wird und die Zinsen hochhält oder sogar erhöht, steigen die Opportunitätskosten für das zinslose Gold, was zu Preisdruck führen kann.
  2. Stärkung des US-Dollars: Ein stärkerer US-Dollar belastet den Goldpreis, da Gold in Dollar gehandelt wird und somit für Investoren aus anderen Währungsräumen teurer wird, was die Nachfrage dämpft.
  3. Rückgang geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten: Wenn sich globale Handelskonflikte und geopolitische Spannungen beruhigen und die Aktienmärkte stabil bleiben, reduziert sich die Flucht in sichere Anlagen wie Gold, was die Nachfrage verringert.

Unsere Einschätzung: Gold bleibt strategischer Anker in einem fragilen Marktumfeld

Aus unserer Sicht spricht vieles dafür, dass Gold auch 2026 seine strategische Rolle im Portfolio behauptet. Die globale Abkühlung, sinkende Zinsen und anhaltende geopolitische Spannungen schaffen ein Umfeld, in dem Investoren wieder verstärkt nach stabilen Wertspeichern suchen.

Diese Einschätzung wird durch Daten des World Gold Council gestützt: Der anhaltende Kaufdruck der Zentralbanken bleibt ein zentraler Treiber des Marktes. Nahezu alle befragten Notenbanken erwarten steigende Goldreserven, und ein erheblicher Teil plant selbst Aufstockungen – insbesondere in Schwellenländern, wo die Diversifikation weg vom US-Dollar zunimmt.

Damit verfestigt sich ein struktureller Trend: Gold wird weniger als kurzfristiger Krisen-Trade, sondern zunehmend als strategisches Gegengewicht zu Staatsanleihen und Währungen verstanden.

Gleichwohl sollten Anleger beachten, dass Gold in Phasen von Marktstress auch erhebliche Rückschläge erleiden kann, z.B. wenn Investoren Gewinne realisieren oder Liquiditätsbedarf decken müssen, wie dies im Oktober zu beobachten war.

Technische Analysen sehen im Bereich um 4’000 US-Dollar eine wichtige psychologische Unterstützungszone, deren Verteidigung massgeblich für die weitere Kursentwicklung sein könnte. Kurzfristige Rücksetzer ändern am positiven Gesamtbild wenig.

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Burak Er

Head Research & Advisory Solutions
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