Die USA stehen wieder einmal am Rande eines Regierungsstillstands, eines sogenannten Shutdowns, der ab dem 1. Oktober Teile des öffentlichen Lebens lahmlegen könnte. Inmitten einer festgefahrenen Haushaltspolitik drohen politische Grabenkämpfe zwischen den verfeindeten Lagern im Kongress die Regierungsarbeit zum Stillstand zu bringen. Ohne Einigung droht die Schliessung zahlreicher Bundesbehörden, begleitet von Zwangsurlaub für hunderttausende Staatsangestellte und Unsicherheit an den Finanzmärkten.
Ein Blick in die Geschichte
Regierungsstillstände traten erstmals Ende der 1970er-Jahre auf und häuften sich während politischer oder finanzieller Blockaden. Die USA haben seit 1976 insgesamt 21 Shutdowns erlebt, von nur einem Tag Dauer bis zum Rekord von 35 Tagen Ende 2018 bis Anfang 2019, verursacht durch Streitigkeiten um die Finanzierung einer Mauer an der Grenze zu Mexiko während der ersten Amtszeit von Donald Trump. Meist ereignen sich Shutdowns am Ende des Haushaltsjahres am 30. September, wenn der Kongress keine Budgetgesetze verabschiedet oder der Präsident diese nicht unterzeichnet. Auslöser sind oft Auseinandersetzungen über Budgetprioritäten und politische Streitfragen. Die Folgen: blockierte Verwaltungsdienste, Zwangsurlaub für Staatsangestellte und temporäre Turbulenzen an den Finanzmärkten, welche sich jedoch bisher stets relativ rasch widerlegten.
Typische Folgen
Frühere Stillstände hatten vor allem temporäre Auswirkungen: Pass- und Kreditverfahren verzögerten sich, Nationalparks wurden geschlossen, Regulierungsarbeit wurde ausgesetzt. Der Shutdown 2018/19 kostete die US-Wirtschaft mehrere Milliarden Dollar, doch langfristige Folgen blieben aus, da Mitarbeitende zurückkehrten und die Verwaltung rasch wieder anlief.
Die besonderen Risiken 2025
Der mögliche Stillstand im Jahr 2025 könnte jedoch erstmals eine neue Dimension annehmen. Präsident Trumps Regierung hat die Bundesbehörden angewiesen, nicht nur wie üblich Notfallpläne für befristete Zwangspausen vorzubereiten, sondern auch formelle Konzepte für einen dauerhaften Personalabbau zu entwickeln. Laut einem Memorandum des Office of Management and Budget (OMB) sollen Programme, die nicht gesetzlich vorgeschrieben oder mit den Prioritäten des Präsidenten unvereinbar sind, gezielt gestrichen werden – mit dauerhaften Stellenstreichungen, selbst wenn die Finanzierung später wieder gesichert wäre. Damit zeichnet sich ein Bruch mit der bisherigen Praxis ab: Bislang kehrten nahezu alle beurlaubten Mitarbeitenden nach einem Shutdown an ihre Arbeitsplätze zurück. Gemäss US-Medienberichten hat das OMB die Behörden sogar aufgefordert, Kündigungsschreiben auch für „systemrelevante“ Angestellte vorzubereiten. Damit droht ein spürbarer Aderlass im Staatsapparat und ein Verlust an institutionellem Wissen.
Auswirkungen auf die Finanzmärkte
In der Vergangenheit werteten die Märkte Shutdowns meist als kurzfristige Störung. Verzögerte Konjunkturdaten oder erschwerte geldpolitische Entscheidungen sorgten zwar für Unsicherheit, doch die Erholung erfolgte rasch. Die möglichen Folgen des aktuell drohenden Regierungsstillstands hängen stark von dessen Dauer ab. Kurzfristige Shutdowns haben in der Regel nur begrenzte Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte, während längere Stillstände die Risiken für Verwaltungsdienste, Staatsangestellte und das Wirtschaftswachstum deutlich erhöhen. Ein Blick zurück zeigt: Während der letzten beiden Shutdowns – dem 16-tägigen Stillstand 2013 und dem 35-tägigen 2018/19 – blieben die Effekte and den Finanzmärkten überschaubar. Bemerkenswert war sogar, dass der S&P 500 Index während des langen Shutdowns 2018 um rund 10% zulegte, getragen von insgesamt positiven Marktbedingungen.
Das verdeutlicht: Der Einfluss eines Shutdowns auf die Finanzmärkte hängt nicht allein vom Stillstand ab, sondern stark vom wirtschaftlichen Umfeld und der Stimmungslage zum Zeitpunkt der Krise. Faktoren wie die Geldpolitik der Federal Reserve, Inflation, geopolitische Entwicklungen oder die Unternehmensgewinne können die temporären Effekte eines Finanzierungsausfalls zusätzlich belasten oder überlagern.
Dennoch bringt ein längerer Shutdown beträchtliche Risiken mit sich: Hunderttausende Bundesangestellte könnten in Zwangsurlaub geschickt werden, Genehmigungsverfahren verzögern sich, Kreditprogramme werden ausgesetzt, und die Wirtschaftsleistung sinkt. Laut einer Analyse des Congressional Budget Office kostete der Shutdown 2018/19 die US-Wirtschaft rund 11 Milliarden Dollar an Bruttoinlandprodukt. Ein Grossteil konnte später aufgeholt werden, doch ein Teil des Schadens war dauerhaft. Gemessen an der gesamten Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten kann dieser Effekt jedoch als gering relativiert werden.
US-Shutdowns treffen Verwaltung und Beschäftigte zwar hart, doch die Finanzmärkte zeigen sich häufig erstaunlich robust. Kurzfristige Volatilität ist die Regel, langfristige Schäden sind eher die Ausnahme. Investoren sollten sich daher nicht überstürzt beunruhigen.