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Switzerland: No Deal. Was nun?

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7 Aug 2025
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Trotz intensiver Verhandlungen unter der Leitung von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Washington konnte keine Einigung im Zollstreit mit den USA erzielt werden. Ab heute gelten die angedrohten US-Zölle, womit gewisse Teile der Schweizer Exporte mit einem Satz von 39% belegt sind. Von den ab heute gültigen Zöllen sind nicht nur die Schweiz, sondern auch weitere US-Handelspartner betroffen.

Abb.1: Neueste US-Zölle für ausgewählte Handelspartner

Neueste US-Zölle für ausgewählte Handelspartner - mobile

Quelle: The White House, Reuters, smzh ag

Finanzmärkte zeigen Zoll-Ermüdungserscheinungen

Bemerkenswert ist, dass die Finanzmärkte auf diese einschneidenden Handelsbarrieren bislang weitgehend gelassen reagieren. Die wichtigsten Aktienindizes notieren heute im Plus und setzen damit den Aufwärtstrend der Woche fort. Getragen wird diese Widerstandsfähigkeit insbesondere von einer sehr starken Berichtsaison – vor allem in den USA und im IT-Sektor –, wodurch makroökonomische und geopolitische Unsicherheiten vorübergehend in den Hintergrund treten. Zusätzlich wird die Marktstimmung durch Meldungen gestützt, wonach Präsident Trump in den kommenden Tagen mit dem russischen Präsidenten Putin zusammentreffen wird, was Hoffnungen auf Fortschritte in Richtung eines möglichen Waffenstillstands im Ukraine-Krieg schürt.

Trumps Zollkrieg zeigt Wirkung

Erwähnenswert ist zudem, dass die aktuelle US-Zollpolitik zahlreiche multinationale Unternehmen dazu veranlasst hat, bedeutende Investitionen in den Vereinigten Staaten zu versprechen. Viele Unternehmen planen, ihre Produktionskapazitäten vor Ort auszubauen und neue Arbeitsplätze zu schaffen, um von Ausnahmeregelungen bei den Zöllen zu profitieren. Diese Entwicklung trägt zur Stärkung der US- Wirtschaft bei und untermauert das anhaltende Vertrauen der Investoren.

Abb. 2: Wesentliche zollbezogene Unternehmenszusagen in den USA

Wesentliche zollbezogene Unternehmenszusagen in den USA - mobile

Quelle: Bloomberg, smzh ag - Stand 1.4.2025

Viele Abkommen abgeschlossen, aber wie verlässlich sind sie?

Obwohl Trumps neues Zollregime vielen Ländern und Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit bietet, bleibt die Unsicherheit erheblich. In den kommenden Wochen wird erwartet, dass der US-Präsident weitere Zölle auf Einfuhren von Pharmaprodukten, Halbleitern, strategisch wichtigen Mineralien und anderen zentralen Industrieerzeugnissen ankündigt. Das Verhalten von Präsident Trump legt die Vermutung nahe, dass er diese Massnahmen offenbar als Teil einer fortlaufenden «Reality-Show» betrachtet, sodass weitere «Deals» oder zusätzliche Zollerhöhungen sehr wahrscheinlich erscheinen. Zudem wird die rechtliche Grundlage dieser Zölle weiterhin von US-Gerichten geprüft, was Zweifel an deren Beständigkeit und Durchsetzbarkeit aufkommen lässt.

Wie geht es weiter für die Schweiz?

Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind von vielen Faktoren abhängig, die zum jetzigen Zeitpunkt schlichtweg nicht prognostizierbar sind. Einerseits stellt sich die Frage, wie lange diese Zölle tatsächlich aufrechterhalten werden, da gemäss bisherigen Erfahrungen viele Länder nachträglich bessere Vereinbarungen realisieren konnten. In der Schweiz besteht somit auch weiterhin Hoffnung und die diplomatischen Bemühungen dürften auf Hochtouren weitergehen. Zudem sind viele gewichtige Sektoren wie beispielsweise Pharmazeutika (noch) ausgenommen. Dass diese Zölle die Schweizer Exportindustrie und damit verbunden auch die wirtschaftliche Entwicklung negativ beeinflussen steht ausser Frage. Je nach Dauer und Umfang könnten sie sogar dazu führen, dass die Schweiz in eine technische Rezession gleitet (zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem BIP-Wachstum), aber ein tiefer, andauernder Wirtschaftsabschwung ist dadurch noch lange nicht angezeigt.

SNB: Negativzinsen wahrscheinlicher, aber nur bedingte Entlastung für die Wirtschaft

Es dominiert derzeit die Einschätzung, dass die Einführung von Negativzinsen durch die Schweizerische Nationalbank in erster Linie den Wechselkurs beeinflussen würde, der gesamtwirtschaftliche Entlastungseffekt eines solchen Schrittes jedoch begrenzt bliebe. Im Mittelpunkt steht nun vor allem der USDCHF-Wechselkurs. Grundsätzlich sollte eine wirtschaftliche Abschwächung in der Schweiz den Franken schwächen (und damit den Bedarf für weitere Zinssenkungen reduzieren). Allerdings könnte eine erhöhte globale Risikoaversion den Status des CHF als sicheren Hafen stärken und diesen Abwertungsdruck teilweise ausgleichen.

Was bedeutet dies für Schweizer Investoren?

Überstürzte Reaktionen aufgrund einer undurchsichtigen Sachlage können langfristige Anlageziele gefährden. Wie wir im Verlauf des gesamten Jahres wiederholt betont haben, empfehlen wir weiterhin, an einer sorgfältig durchdachten Anlagestrategie festzuhalten, die auf Diversifikation setzt und auf die individuellen finanziellen Ziele abgestimmt ist. Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, können allfällige Marktkorrekturen attraktive Kaufgelegenheiten bieten – insbesondere zur Optimierung der durchschnittlichen Einstandskurse bestehender Positionen mit langfristigem Fokus.

Schweizer Aktien im technologiegetriebenen Marktumfeld neu bewerten

Ungeachtet des endgültigen Ausgangs der US-Zollpolitik empfiehlt es sich, die Allokationen in Schweizer Aktien strategisch zu überprüfen. Schweizer Aktien verzeichneten einen starken Start ins Jahr 2025; jedoch belastet die geringe Gewichtung struktureller Wachstumssegmente wie Informationstechnologie die relative Entwicklung in den vergangenen drei Monaten. Obwohl Schweizer Aktien eine einzigartige Kombination aus Stabilität und solidem Wachstumspotenzial bieten, weist die anhaltende, technologiegetriebene Rallye – insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) – darauf hin, dass der Schweizer Markt kurzfristig weltweit weiterhin unterdurchschnittlich abschneiden könnte.

Auch wenn Schweizer Aktien in einem CHF-Portfolio einen wichtigen Eckpfeiler darstellen, sollte ihre strategische Rolle überdacht werden. Nebst vermehrt internationaler Diversifikation könnte eine gezielte Ausrichtung auf Wachstumssegmente sowohl die Performance wie auch die Widerstandsfähigkeit steigern. Ausserdem stechen im anhaltenden Tiefzinsumfeld Qualitätsdividendenwerte weiterhin als attraktive Anlagemöglichkeiten für einkommensorientierte Investoren hervor.

Lesen Sie weiterführende Informationen und Empfehlungen in unseren neuesten CIO-Publikationen.

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Bekim Laski

Chief Investment Officer und Partner
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