Der Weg des geringsten Widerstands
In der Natur findet Wasser mühelos bergab und folgt dabei stets dem Weg des geringsten Widerstands. Anlegerinnen und Anleger verhalten sich aktuell ähnlich: Anstatt gegen den Strom zu schwimmen, lassen sie sich von der Begeisterung für künstliche Intelligenz (KI) und einem unerwartet widerstandsfähigen makroökonomischen Umfeld mittragen. Die bisherige Entwicklung im Jahr 2025 ist von bemerkenswerter Resilienz geprägt. Die Aktienmärkte haben ihre Gewinne bis Oktober weiter ausgebaut, angeführt von den Technologiegiganten, die den KI-Trend dominieren. Mit Optimismus und Liquidität ausgestattet, zeigen sich Investoren überzeugt davon, dass Innovation die herrschenden Risiken der hohen Bewertungen und die konjunkturelle Abschwächung übertrumpfen kann.
Auch die makroökonomischen Bedingungen haben sich weitgehend freundlich entwickelt. Die Inflation bleibt insgesamt hartnäckig, aber stabil. Der Arbeitsmarkt schwächt sich zwar ab, ohne jedoch einzubrechen, und die Zentralbanken stehen bereit, bei Bedarf einzugreifen. Die Zinsen sind weiterhin rückläufig, die Kreditaufschläge von Unternehmensanleihen bleiben historisch eng, und die Volatilität an den Aktienmärkten hat sich auf einem relativ tiefen Niveau eingependelt. Ohne unmittelbare Bedrohungen für die risikofreudige Stimmung ist es somit psychologisch als auch mechanisch am einfachsten, investiert zu bleiben.
Diese scheinbar mühelose Aufwärtsbewegung ist jedoch nicht ohne Ironie. Der Weg des geringsten Widerstands kann manchmal zu Selbstzufriedenheit führen. KI dient mittlerweile sowohl als Treiber als auch als Erklärungsansatz, ein umfassendes Argumentarium, das nahezu jede Marktentwicklung rechtfertigen kann. Die Finanzmärkte, gestützt durch das Versprechen exponentiellen technologischen Fortschritts, unterschätzen womöglich, wie rasch die Stimmung ändern kann, sollte die Realität Beweise für Gewinne anstatt für Versprechungen verlangen.
Aktuell scheint die Schwerkraft noch immer umgekehrt zu wirken: Die Aktienmärkte steigen weiter, angetrieben nicht nur von den Fundamentaldaten, sondern auch vom Vertrauen in Technologie, in die pragmatische Politik der Zentralbanken und Regierungen sowie in die Vorstellung, dass der einfachste Weg der richtige ist. Dennoch empfiehlt es sich, innezuhalten und die Lage zu überdenken. Investiert zu bleiben ist weiterhin wichtig und ratsam, ebenso essenziell ist jedoch eine kontinuierliche Überprüfung der Portfoliostruktur. Eine Diversifikation über das Thema KI hinaus kann sich als kluger Ansatz erweisen, nicht aus Skepsis gegenüber KI, sondern zur Wahrung von Balance und Widerstandsfähigkeit.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.
Freundliche Grüsse,
Gzim Hasani, CEO
Bekim Laski, CFA, Chief Investment Officer






